Ramus

Ramus
I
Ramus
 
[lateinisch »Zweig«] der, -/...mi, Anatomie: Nerven-, Blutgefäß- oder Bronchialast; auch die Seitenverzweigung der Vogelfeder.
 
II
Ramus,
 
Petrus, eigentlich Pierre de la Ramée [ra'me], französischer Humanist und Philosoph, * Cuts (Département Oise) 1515, ✝ (ermordet) Paris 26. 8. 1572; war zunächst (wie Budaeus, J. Faber u. a.) Vertreter der »Réforme française«, eines christlich orientierten Humanismus, wandte sich dann immer stärker zum Kalvinismus hin. Ramus musste wegen seiner antiaristotelischen Position, v. a. aber wegen seiner kalvinistischen Überzeugungen mehrfach Paris und Frankreich verlassen; lehrte während seines Exils 1568-70 in Deutschland (u. a. in Heidelberg) und der Schweiz; in der Bartholomäusnacht ermordet. - Ausgehend von der sokratisch-platonischen Dialektik, lehnte er die aristotelische Logik, besonders deren scholastische Form in der Beschränkung auf die Untersuchung syllogistischer Schlussfiguren ab, da sie das »natürliche Denken« nur behindere. Beeinflusst von Cicero und Quintilian, orientierte er die Logik an der Rhetorik, da beider Ausgangspunkt und ihr Zusammenhang die Frage und das Suchen nach Gründen sei. - Die zentralen theologischen Themen waren für Ramus die Unsterblichkeit der Einzelseele, die Vorsehung Gottes und eine pragmatische Ethik. Sein pädagogischer und reformerischer Einfluss ist v. a. seiner auf Anwendung zielenden Methodologie zuzuschreiben (Ramismus). Daneben trat er als Verfasser von Mathematiklehrbüchern hervor, in denen er sich bemühte, Theorie und Anwendungen miteinander zu verbinden (»Arithmetica libri tres«, 1555; »Algebra«, 1560), sowie als Übersetzer und Herausgeber von Werken des Euklid (»Euclidis elementa Mathematica«, 1545). Die »Scholarum mathematicarum libri unus et triginta« (1569) enthalten in Buch I eine ausführliche, an Proklos anknüpfende Mathematikgeschichte; die anderen Bücher bieten methodologische und philosophische Überlegungen zur Mathematik.
 
 
M. Cantor: R. in Heidelberg, in: Ztschr. für Mathematik u. Physik, Jg. 3 (1858);
 W. J. Ong: R. Method, and the decay of dialogue (Neuausg. Cambridge, Mass., 1983).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Agricola, Ramus und Zabarella: Sprache, Logik und Wissenschaftslehre
 

* * *

Ra|mus, der; -, Rami [lat. ramus = Ast, Zweig] (Anat.): a) Zweig eines Nervs, einer Arterie od. Vene; b) astartiger Teil eines Knochens.

Universal-Lexikon. 2012.

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